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Prozessevaluation zur Behandlung von inhaftierten Sexualstraftätern
Die Untersuchung soll klären, welche Gefangenen, die wegen Sexualstraftaten Freiheitsstrafen (einschließlich Jugendstrafen) verbüßen oder bei denen die Sicherungsverwahrung vollzogen wird, von den derzeitigen Therapieangeboten erreicht werden und welche nicht. Hierfür wird einerseits der Behandlungs- und Vollzugsverlauf aller am Stichtag (22. Oktober 2002) in Baden-Württemberg inhaftierten Sexualstraftätern (rund 500 Gefangene) retrospektiv dokumentiert. Andererseits werden die wegen Sexualstraftaten Inhaftierten hinsichtlich kriminologischer und psychologischer Merkmale, einschließlich der verschiedenen Formen der Täter-Opfer-Beziehungen, differenziert. Ziel ist eine differenzierte Beschreibung der inhaftierten Sexualstraftäter hinsichtlich ihrer biographischen Entwicklung und kriminellen Karriere, ihrer Persönlichkeit, ihrer Therapiefähigkeit, ihrer sozialen Bindungen und ihrer Beziehungen zu den Tatopfern, um die Therapieangebote und sonstigen Maßnahmen im Vollzug den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Gefangenen sowie den Erfordernissen der gesetzlichen Regelungen anzupassen. Die Daten sollen somit die empirische Basis für eine Optimierung der Behandlungsmaßnahmen und einen ökonomisch sinnvollen Einsatz der Ressourcen bilden.
Die Erhebungsphase und die Kontrolle der Daten ist abgeschlossen. Derzeit werden die Daten gemäß den forschungsleitenden Fragestellungen ausgewertet. Schon jetzt zeigt die Auswertung der Vorstrafen deutlich, dass nur eine Minderheit der an einem bestimmten Stichtag wegen Sexualstraftaten Inhaftierten auch in der Vergangenheit mit ähnlichen Straftaten aufgefallen ist. Wenn überhaupt vorbestraft, dann erfolgten die Verurteilungen meisten wegen anderer Delikte, so dass die allgemein übliche Bezeichnung „Sexualstraftäter“ oft zu kurz greift und wir in diesem Projekt die etwas umständliche Formulierung „wegen Sexualstraftaten an einem bestimmten Stichtag inhaftiert“ bevorzugen.
Erste Ergebnisse wurden auf der 10.überregionalen Fachtagung sozialtherapeutischer Einrichtungen im Justizvollzug „Sozialtherapie für gefährliche Straftäter“ am 20.10.2005 in Stuttgart-Hohenheim von Gabriele Dolde berichtet.
Nach der Anonymisierung der Daten im Kriminologischen Dienst erfolgten Teilauswertungen in Kooperation mit dem Freiburger Max-Planck-Institut im Rahmen einer psychologischen Dissertation (Wössner 2005) und einer psychologischen Diplomarbeit (Arning und Unger 2005).
Der Datensatz ist so angelegt, dass später (vier bis fünf Jahre nach der Entlassung aus dem Vollzug) eine Untersuchung zur Legalbewährung angeschlossen werden kann. Die Prozessevaluation kann somit zu einer Effektevaluation ausgebaut werden.
Wössner, G. (2005). Typisierung von Sexualstraftätern. Ein empirisches Modell zur Generierung typenspezifischer Behandlungsansätze. Inaugural-Dissertation, Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftliche Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
Arning D. und Unger, S. (2005) Modelle zum Rückfallrisiko von Sexualstraftätern und dessen Beziehung zu den Therapieverhältnissen in den Strafvollzugsanstalten Baden-Württembergs. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Psychologisches Institut, unveröffentlichte Diplomarbeit.