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Wissenschaftliche Begleitung von Modellen und Behandlungsansätzen, Prozess- und Effektevaluation

 

Folgende Projekte wurden durchgeführt:

 

Haftvermeidung durch Tilgungsberatung und freie Arbeit

Im Rahmen des Projekts wurde die Tilgungsberatung sowie die Vermittlung und eigene Organisation der „freien Arbeit“ für einen begrenzten Zeitraum bei drei freien Trägern evaluiert. Es wurden 677 Fälle erfasst, davon 480 Geldstrafenschuldner, bei denen die drohende Ersatzfreiheitsstrafe durch Tilgungsberatung und Vermittlung in gemeinnützige Arbeit abgewendet werden sollte. Bei den restlichen 197 Personen sollte die gemeinnützige Arbeit im Rahmen einer Bewährungsauflage bei Strafaussetzung beziehungsweise als Auflage für das Absehen von Klage oder für die Einstellung des Verfahrens nach § 153 a StPO erfolgen. Somit waren die weitaus meisten Fälle unter dem Aspekt „schwitzen statt sitzen“ zu sehen.

Die Untersuchungsergebnisse bestätigten ein relativ erfolgreiches Arbeiten der freien Träger, die weitaus meisten Klienten arbeiteten bei „freien Beschäftigungsgebern“, jeder vierte musste in eigenen Projekten die „freie Arbeit“ ableisten, da er aufgrund seiner mangelnder Belastbarkeit und psychosozialen Defizite schwer vermittelbar war. 56% der Antragssteller tilgten mit Hilfe der Anlauf- und Beratungsstellen vollständig ihre Geldstrafe, wodurch im Durchschnitt 48 Tage Ersatzfreiheitsstrafe eingespart wurden. Die Bilanz zeigte, dass die Anlauf- und Beratungsstellen pro Fall durchschnittlich 4,5 Arbeitsstunden investierten und durchschnittlich einen Tilgungszeitraum von knapp 5 Monaten benötigten, um durchschnittlich pro Fall (einschl. abgebrochener Fälle) 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe einzusparen. Somit lohnten sich die Bemühungen der Anlauf- und Beratungsstellen nicht nur unter ökonomischen Gesichtspunkten, sondern auch unter sozialpädagogischen Aspekten im Sinne einer konstruktiven Wiedergutmachung.

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Sofortige Zulassung zum Freigang – „Kurzstrafenprogramm“

Bei der Einführung und schrittweisen Erprobung des so genannten „Kurzstrafenprogramms“ Anfang der 1980er Jahre in Baden-Württemberg wurden alle Gefangenen  erfasst, die 1983 einen Antrag auf sofortige Zulassung zum Freigang nach den neuen Richtlinien gestellt hatten. Es wurde überprüft, in wieweit das Modell praktikabel ist, wo sich Schwierigkeiten ergeben, wo möglicherweise Ausweitungen oder auch Änderungen im Programm sinnvoll sind und inwieweit das Ziel erreicht wird, den Arbeitsplatz zu erhalten. Ein zweiter Untersuchungsabschnitt umfasste 1988 die Einholung von Bundeszentralregisterauskünften für 310 Probanden derselben Untersuchungsgruppe, das heißt, für einen Legalbewährungszeitraum von etwa 4 Jahren. Aufgrund der positiven Erfahrungen mit der sofortigen Zulassung zum Freigang und den überwiegend positiven Ergebnissen der Untersuchung wurde das Kurzstrafenmodell ab dem 1. Juli 1991 auf Gefangene mit Freiheitsstrafen bis zu 1 Jahr und 3 Monaten ausgedehnt.

Insgesamt zeigten die Ergebnisse, dass die Gefangenen des „Kurzstrafenprogramms“ deutlich geringere Rückfallraten hatten als andere und sich somit die Vermeidung der ansonsten mit der Inhaftierung verbundenen sozialen Desintegration bewährt hat.

Dolde, G. (1990). Vollzug der kurzen Freiheitsstrafe ohne soziale Desintegration: Verlauf und Erfolg des „Kurzstrafenprogramms“ in Baden-Württemberg. In: Strafrechtpraxis und Kriminologie, 2. Auflage, herausgegeben vonJ.-M. Jehle, W. Maschke und D. Szabo, Bonn, Forum Verlag, S. 171-194.

Dolde, G. (1992). Zehn Jahre Erfahrung mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe und soziale Desintegration. In: Zeitschrift für Strafvollzug und Straffälligenhilfe, 41, 24-30.

Dolde, G. und Rössner, D. (1983). Freiheitsstrafe ohne soziale Desintegration – ein Programm zum Vollzug kurzer Freiheitsstrafen mit ersten empirischen Ergebnissen. In: Deutsche Forschungen zur Kriminalitätsentstehung und Kriminalitätskontrolle, Band 3, herausgegeben von H.-J. Kerner, H. Kury und K. Sessar, Carl Heymanns Verlag, Köln, S. 1719-1743.
Dolde, G. und Rössner, D. (1987). Auf dem Wege zu einer neuen Sanktion: Vollzug der Freiheitsstrafe als Freizeitstrafe – ein Programm zum Vollzug kurzer Freiheitsstrafe und seine empirische Bestätigung. In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft, 99, 424-451.

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Nachschulung von alkoholauffälligen Straßenverkehrstätern im Strafvollzug

Seit 1985 werden in der offenen Außenstelle Sachsenheim, in welcher insbesondere Straßenverkehrstäter inhaftiert sind, von den technischen Überwachungsvereinen Heilbronn und Stuttgart „Nachschulungskurse“ für alkoholauffällige Straßenverkehrstäter angeboten. Dieser Modellversuch wurde durch den Kriminologischen Dienst zwei Jahre begleitet und alle Teilnehmer der Nachschulungskurse zwischen Februar 1986 und Dezember 1987 hinsichtlich ihrer Motivation und Beurteilung des Kurses und ihres sonstigen Verhaltens im Vollzug befragt. Als Vergleichsgruppe wurden alle sonstigen alkoholauffälligen Straßenverkehrstäter, die zwischen dem 1. Februar 1986 und 1. Februar 1987 dort inhaftiert waren, erfasst. Die Ergebnisse zeigten, dass die Kurse gut aufgenommen wurden und subjektiv Wirkungen im Sinne des Kursmodells hinterließen. Die Einholung der Bundeszentralregisterauskünfte ergab jedoch ein nicht uneingeschränkt positives Bild. Sowohl die Kursteilnehmer als auch die Nichtteilnehmer wurden gleichermaßen rückfällig wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Dies lässt den Schluss zu, dass in den Kursen zwar die Gefahren durch den Alkohol intensiv thematisiert und auch von den Teilnehmern wahrgenommen wurden. Allerdings blieben die Vermeidung des Autofahrens und der Umgang damit für diejenigen, die ihre Fahrerlaubnis nicht wieder erhielten, weitgehend unbehandelt.

Dolde, G. (1996). Alkoholauffällige Täter im Strafvollzug. Ein Sonderprogramm für Straßenverkehrstäter. Bewährungshilfe, 42, 117-126.

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